Produktsicherheit (GPSR): Warum Ihr Online-Shop jetzt ein Beipackzettel sein muss
Als Inhaberin oder Inhaber eines Online-Shops konzentrieren Sie sich auf tolle Produkte, gutes Marketing und zufriedene Kunden. Doch eine neue EU-Verordnung stellt die Spielregeln auf den Kopf: die „General Product Safety Regulation“ (GPSR). Sie ist in Kraft und betrifft praktisch jeden, der physische Produkte verkauft – oft ohne, dass die Betroffenen es wissen.
Die größte Falle: Viele Händler werden durch die GPSR rechtlich zum Hersteller oder Importeur und sind damit voll für die Sicherheit ihrer Produkte verantwortlich. Die Verordnung verlangt zudem, dass Ihre Online-Produktseite so informativ wie ein Beipackzettel sein muss. Dieser Beitrag übersetzt die Anforderungen in eine klare To-do-Liste für Ihren Shop.
Sandra, die kreative Shop-Betreiberin
Sandra verkauft in ihrem Online-Shop handgefertigten Schmuck. Die Schmuckteile kauft sie von einem Lieferanten außerhalb der EU und veredelt sie unter ihrem eigenen Markennamen. Sie sieht sich als Händlerin und Künstlerin. Sie ahnt nicht, dass sie durch diese Tätigkeit zur „Inverkehrbringerin“ wird und die volle Verantwortung für die Produktsicherheit trägt.
Die größte Änderung: Sind Sie jetzt auch Hersteller?
Der wichtigste Punkt der GPSR ist die klare Zuweisung von Verantwortung. Sie gelten nicht mehr nur als einfacher Händler, sondern als verantwortlicher „Wirtschaftsakteur“ mit weitreichenden Pflichten, wenn einer der folgenden Fälle auf Sie zutrifft.
Fall 1: Sie importieren Produkte von außerhalb der EU
Sobald Sie Waren von einem Hersteller mit Sitz außerhalb der EU beziehen und hier auf den Markt bringen, gelten Sie als Importeur. Damit sind Sie der erste Ansprechpartner innerhalb der EU und übernehmen die volle Verantwortung für die Konformität des Produkts.
Fall 2: Sie verkaufen unter eigener Marke (Private Labeling)
Dies ist der Fall, der unsere Persona Sandra direkt betrifft. Wenn Sie Produkte von einem anderen Unternehmen herstellen lassen, diese aber unter Ihrem eigenen Namen oder Ihrer Marke verkaufen, werden Sie rechtlich wie der Hersteller behandelt. Ihre Kunden kennen nur Ihre Marke, also haften auch Sie.
Fall 3: Sie verändern ein Produkt wesentlich
Wenn Sie ein bestehendes Produkt so verändern, dass es dessen ursprüngliche Eigenschaften, den Verwendungszweck oder die Sicherheit beeinflusst, werden Sie ebenfalls zum Hersteller. Das einfache Veredeln, wie es Sandra tut, kann hier bereits ausreichen.
Das dringendste To-do: Ihre Produktseite im Online-Shop
Die GPSR verlangt, dass Kunden alle sicherheitsrelevanten Informationen bereits vor dem Kauf online einsehen können. Ihre Produktseite muss also folgende Angaben enthalten, die bisher oft nur auf der Verpackung zu finden waren.
Pflichtangabe 1: Name und Kontaktdaten des Verantwortlichen
Kunden und Marktüberwachungsbehörden müssen auf den ersten Blick erkennen können, wer für das Produkt verantwortlich ist. Daher müssen Ihr Firmenname sowie Ihre vollständige Post- und E-Mail-Adresse klar auf der Produktseite ersichtlich sein.
Pflichtangabe 2: Eindeutige Produktidentifikation
Um im Falle eines Problems genau zu wissen, welches Produkt betroffen ist, müssen Sie online eine eindeutige Identifikation ermöglichen. Dazu gehören ein klares Bild des Produkts sowie eine Typen-, Chargen- oder Seriennummer.
Pflichtangabe 3: Warn- und Sicherheitshinweise
Alle Warnhinweise, die auf der physischen Verpackung stehen, müssen nun auch online direkt beim Angebot lesbar sein. Dazu gehören beispielsweise Altersempfehlungen („Nicht für Kinder unter 3 Jahren geeignet“) oder Hinweise zur korrekten Verwendung.
Die praktische Umsetzung erfordert eine Ergänzung Ihrer Produktbeschreibungen, zum Beispiel durch einen eigenen Abschnitt „Hersteller- & Sicherheitsinformationen“, in dem Sie alle geforderten Punkte klar auflisten.
Die Praxis-Frage: Was muss auf das Produkt selbst?
Neben den neuen Online-Angaben bleibt die Kennzeichnung am physischen Produkt entscheidend. Auch hier gibt es klare Vorgaben.
Kennzeichnung des verantwortlichen Wirtschaftsakteurs
Ihr Name und Ihre Postanschrift müssen dauerhaft auf dem Produkt selbst angebracht sein. Nur wenn dies aufgrund der Größe oder Beschaffenheit des Produkts nicht möglich ist, dürfen Sie auf die Verpackung oder beiliegende Dokumente ausweichen.
Kennzeichnung zur Rückverfolgbarkeit
Jedes Produkt oder zumindest jede Charge benötigt eine eindeutige Nummer. Diese ermöglicht es Ihnen und den Behörden, im Falle eines Sicherheitsproblems den Warenverkehr lückenlos nachzuvollziehen. Für Sandra bedeutet das, dass sie ihre Kontaktdaten und eine Chargennummer auf der Schmuckverpackung anbringen muss.
Fazit: Machen Sie aus der Pflicht eine Stärke
Die Anforderungen der GPSR mögen auf den ersten Blick wie eine weitere bürokratische Hürde wirken. Doch sie sind auch eine Chance. Ein Online-Shop, der transparent alle Hersteller- und Sicherheitsinformationen bereitstellt, wirkt auf Kunden deutlich seriöser und vertrauenswürdiger. Sie zeigen damit, dass Sie Verantwortung für Ihre Produkte übernehmen.
Indem Sie die GPSR-Anforderungen umsetzen, schützen Sie sich nicht nur vor teuren Abmahnungen und Haftungsfällen, sondern heben auch die Qualität und Professionalität Ihrer Marke auf ein neues Level.
Ist Ihr Online-Shop schon GPSR-konform? Wo sehen Sie die größten Hürden bei der Umsetzung? Teilen Sie Ihre Gedanken gerne in den Kommentaren!
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