Bilanz hinterlegen statt teuer abgeben: Der Guide für die erste Hürde
Jedes Jahr das gleiche Spiel: Die Bilanz ist fertig und muss offengelegt werden. Viele Kleinstunternehmerinnen und -unternehmer zahlen zähneknirschend mehrere Hundert Euro an den Steuerberater, nur um diese eine Aufgabe zu erledigen. Warum? Weil der Prozess, es selbst zu tun, auf den ersten Blick wie eine unüberwindbare Mauer aus Bürokratie und Fachchinesisch wirkt.
Seien wir ehrlich: Die jährliche Hinterlegung Ihrer Bilanz ist eigentlich ein einfacher 20-Minuten-Job. Der Weg dorthin – die einmalige Registrierung und Identifizierung auf der offiziellen Plattform – ist es leider nicht. Genau hier scheitern die meisten und geben frustriert auf.
Dieser Beitrag ist Ihr „Mauerbrecher“. Wir konzentrieren uns fast ausschließlich auf diesen schmerzhaften, einmaligen Setup-Prozess. Wir führen Sie Schritt für Schritt durch die Registrierung und Identifizierung, damit Sie danach jedes Jahr aufs Neue Zeit und Geld sparen.
Unsere fiktive Persona: Clara, die UG-Gründerin
Clara hat ihre UG vor zwei Jahren gegründet. Nun steht die erste Offenlegung an. Ihr Steuerberater bietet an, das für 300 Euro zu übernehmen. Clara ist sparsam und will das selbst erledigen, doch als sie die Webseite der Publikations-Plattform öffnet, ist sie von Begriffen wie „Einreicher“, „DiRUG“ und „Identifizierungsverfahren“ völlig überfordert.
Schritt 0: Prüfen Sie Ihren Status – Die wichtige Abkürzung für Kleinstunternehmen
Bevor Sie sich in den Setup-Prozess stürzen, sollten Sie eine entscheidende Frage klären. Müssen Sie Ihre Bilanz teuer „veröffentlichen“ oder dürfen Sie die günstigere und diskretere „Hinterlegung“ nutzen? Für die meisten Kleinstunternehmen lautet die Antwort: Hinterlegung genügt!
Wer darf die Hinterlegung nutzen?
Sie gelten als Kleinstkapitalgesellschaft, wenn Ihr Unternehmen an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen mindestens zwei dieser drei Merkmale nicht überschreitet:
- Bilanzsumme: 350.000 Euro (für Geschäftsjahre ab 01.01.2023: 450.000 Euro)
- Umsatzerlöse: 700.000 Euro (für Geschäftsjahre ab 01.01.2023: 900.000 Euro)
- Mitarbeitende: durchschnittlich 10
Wer darf die Hinterlegung nicht nutzen?
Unabhängig von ihrer Größe dürfen einige Gesellschaftsformen die Hinterlegungsoption nicht nutzen. Für unsere Zielgruppe sind hier vor allem zwei relevant:
- Beteiligungsgesellschaften: Unternehmen, deren einziger Zweck der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen ist.
- Deutsche Zweigniederlassungen ausländischer Hauptniederlassungen: Wenn Sie zum Beispiel eine deutsche Niederlassung einer britischen Limited betreiben.
Der einmalige Setup-Prozess: Ihr Weg durch die Registrierung und Identifizierung
Dies ist der anstrengende Teil. Aber wenn Sie ihn einmal gemeistert haben, ist er für immer erledigt. Seit 2022 müssen Jahresabschlüsse an das Unternehmensregister übermittelt werden, und das erfordert eine einmalige, persönliche Identifizierung.
Teil 1: Die einfache Registrierung
Der erste Schritt ist noch unkompliziert. Gehen Sie auf die publikations-plattform.de
und klicken Sie auf „Registrieren“. Hier legen Sie mit Ihrer E-Mail-Adresse und einem Passwort ein Benutzerkonto an. Das ist die Basis für alles Weitere.
Teil 2: Die Identifizierung (der eigentliche Knackpunkt)
Hier beginnt die eigentliche Herausforderung. Um Daten an das Unternehmensregister senden zu dürfen, müssen Sie als natürliche Person Ihre Identität nachweisen. Um diesen Prozess zu starten, loggen Sie sich ein, gehen auf „Meine Daten“ und suchen dort nach dem Link zur Identifizierung. Unser Tipp: Schauen Sie genau hin, der Link verbirgt sich oft hinter einem eher unauffälligen kleinen Icon oder Textlink.
Ihnen stehen mehrere Wege zur Verfügung, die beiden häufigsten sind:
Weg 1: Das Video-Ident-Verfahren
Hier halten Sie Ihr Ausweisdokument in die Kamera Ihres Computers oder Smartphones. Entwher prüft eine künstliche Intelligenz die Daten automatisch oder Sie sprechen kurz mit einem Servicemitarbeiter per Video-Chat.
Weg 2: Der elektronische Identitätsnachweis (eID)
Wenn die Online-Ausweisfunktion Ihres Personalausweises aktiviert ist, können Sie diese nutzen. Dafür benötigen Sie Ihr Smartphone mit NFC-Schnittstelle und die PIN für Ihren Ausweis. Dies ist oft der schnellste Weg.
Es gibt noch weitere, spezialisierte Verfahren, aber diese beiden sind für die meisten Unternehmerinnen und Unternehmer die relevantesten. Clara entscheidet sich für das Video-Ident-Verfahren. Nach 10 Minuten ist sie erfolgreich identifiziert und hat die größte Hürde genommen.
Der jährliche 20-Minuten-Prozess: Die eigentliche Hinterlegung
Nachdem der einmalige Setup-Kampf gewonnen ist, wird die jährliche Hinterlegung zum Kinderspiel.
Schritt 1: Auftrag anlegen
Sie loggen sich auf der Publikations-Plattform ein und starten einen neuen „Offenlegungsauftrag“. Hier wählen Sie aus, dass Sie für ein Geschäftsjahr nach dem 31.12.2021 an das Unternehmensregister übermitteln und eine „Hinterlegung“ für eine Kleinstkapitalgesellschaft vornehmen möchten.
Schritt 2: Die Formulare ausfüllen (keine Sorge, Sie können speichern)
Nun werden Sie durch mehrere einfache Formularschritte geführt. Hier müssen Sie einige Zahlen aus Ihrer Bilanz übertragen. Der große Vorteil: Sie können Ihre Eingaben jederzeit zwischenspeichern und den Prozess später fortsetzen.
Der wichtige Punkt für UGs: Angaben unter der Bilanz
Als Kleinstkapitalgesellschaft (wie Claras UG) müssen Sie nach § 264 Abs. 1 HGB Angaben zu Haftungsverhältnissen oder gewährten Vorschüssen und Krediten an die Geschäftsführung machen. Dafür gibt es ein eigenes Formularfeld. Wenn hier nichts vorliegt, reicht ein einfacher Vermerk wie „nicht vorhanden“ oder „keine“.
Schritt 3: Prüfen und final absenden
Bevor Sie den Auftrag kostenpflichtig absenden, zeigt Ihnen das System eine komplette Zusammenfassung aller Ihrer Eingaben. Prüfen Sie hier alles in Ruhe. Bis zu diesem Punkt können Sie noch alles korrigieren. Erst wenn Sie auf den finalen „Einreichen“-Button klicken, wird Ihr Auftrag verbindlich übermittelt.
Fazit: Die Freiheit, es selbst zu tun
Die bürokratische „Setup-Mauer“ ist bewusst hoch und frustrierend. Doch sie ist überwindbar. Indem Sie sich einmalig durch diesen Prozess kämpfen, sparen Sie nicht nur jedes Jahr mehrere Hundert Euro, sondern gewinnen auch die Kontrolle und das Wissen über einen wichtigen unternehmerischen Prozess zurück. Clara ist stolz, dass sie es selbst geschafft hat – und hat nun 300 Euro mehr für ihr Geschäft zur Verfügung.
Haben Sie den Setup-Prozess schon durchlaufen? Was war Ihre größte Hürde? Teilen Sie Ihre Erfahrungen in den Kommentaren!
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